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Biologie

Schweinswal-Rekorde in deutschen Flüssen

Beutesuchende Wale ziehen im Frühjahr die Elbe, Ems und Weser hinauf

Schweinswale in der Elbe
Diese beiden Schweinwale schwimmen nicht im Meer, sondern in der Elbe. Vor allem im Frühjahr finden sie in den Flüssen mehr Beute. © Bundesanstalt für Gewässerkunde/ Mark Zindorf

Meeressäuger auf Flusstour: Im Frühjahr 2024 haben Messstationen eine Rekordzahl von Schweinswalen in Elbe und Weser registriert. In der Ems wurden die Meeressäuger erstmals sogar jenseits eines Sperrwerks nachgewiesen, wie die Bundesanstalt für Gewässerkunde mitteilt. Die Schweinswale leben zwar normalerweise in der Nordsee, ziehen aber im Frühjahr in die Flüsse hinein, weil sie dort besonders viel Beute in Form von kleinen Fischen finden.

Schweinswale (Phocoena phocoena) sind die häufigsten Wale in der Nordsee – noch. Die bis zu 1,80 Meter langen Meeressäuger jagen mithilfe von Echoortung und einem extrem guten Gehör nach kleinen Fischen, von denen sie enorme Mengen vertilgen: Ihr schneller Stoffwechsel braucht ständig Futternachschub. Doch das macht sie anfällig. Die Überfischung der Nordsee, Unterwasser-Lärm und Wasserverschmutzung haben zu einem Rückgang der Bestände geführt.

Auf Beutejagd den Fluss hinauf

Jetzt gibt es neue Daten zu den Schweinswalen der deutschen Küste und einer ihrer Eigenheiten: Im Frühjahr ziehen sie von der Nordsee bis weit in die Flussmündungen und Flüsse hinein. Dabei folgen sie den Schwärmen kleiner Fische wie den Stinten, die zu dieser Zeit zum Laichen flussaufwärts ziehen. „Das Frühjahr ist eine wichtige Zeit für Schweinswale, um sich Reserven anzufressen, die sie in der Wurfzeit im Juni/Juli und der anschließenden Säugezeit benötigen“, erklären Thomas Taupp und Marco Gauger von der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG).

Wie viele Schweinwale dabei wie weit den Unterlauf von Elbe, Weser und Ems hinaufziehen, überwachen Forschende seit einigen Jahren mithilfe von Unterwassermikrophonen und speziellen Klickdetektoren. Sie zeichnen die charakteristischen Klicklaute auf, mit denen die Schweinswale nach Beute suchen, aber auch miteinander kommunizieren.

Rekordzahlen im April 2024

Für das Frühjahr 2024 enthüllen die Auswertungen besonders viele Walbesucher in den drei deutschen Flüssen: „Der April 2024 war in Weser und Elbe ein absolutes Rekordjahr seit Beginn unserer Messungen. Im Vergleich zu den Vorjahren wurden dort fünf- bis zehnmal häufiger Schweinswale detektiert“, berichtet Taupp. In der Weser bei Stadland waren in 33 Prozent der Messtunden Schweinswale präsent, in der Elbe bei Wedel sogar in 44 Prozent der Stunden.

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Auch in der Ems gab es im Frühjahr regen Meeressäuger-Besuch. Ungewöhnlich dabei: „Erstmals konnten auch Schweinswallaute oberhalb des Emssperrwerks bei Terborg aufgezeichnet werden. Dies zeigt, dass Schweinswale tatsächlich durch das Sperrwerk stromaufwärts in die Ems wandern“, sagt Taupp. In der Außenems halten sich sogar das ganze Jahr hindurch immer wieder Schweinswale auf – vermutlich, weil deren breite Mündungsbucht von der Nordsee aus besser zugänglich ist als die schmaleren, stark befahrenen Mündungen von Weser und Elbe.

Im Dunkeln ertönen die meisten Klicks

Zwar verraten die Klickmessungen nicht genau, wie viele Wale jeweils in den Flüssen unterwegs waren – sie können nur die Klickhäufigkeit messen. Dafür verraten die Analysen, dass die Schweinswale besonders oft in der Dämmerung und nachts in den Flüssen unterwegs sind. „Das liegt daran, dass die Zahnwale zu diesen Zeiten ruhende oder sich visuell orientierende Beute leichter fangen können“, erklären die Forscher.

Weil die Wale sich mittels Echoortung orientieren und nicht auf Licht angewiesen sind, haben sie in der Dunkelheit einen Vorteil. „Heringe halten sich zum Beispiel tagsüber häufig nahe des Gewässergrunds auf, um das Prädationsrisiko zu verringern und migrieren nachts zur Oberfläche“, erklären Taupp und Gauger. Die Schweinswale können die Heringe daher nachts leicht finden und fressen.

Positives Zeichen

Die Forscher sehen die Frühjahrswanderung der Schweinswale als Zeichen, dass sich die Flussumwelt für die geschützten Meeressäuger trotz des intensiven Schiffsverkehrs verbessert hat. Noch im 20. Jahrhundert wagten sich die Schweinswale gar nicht in die Flüsse hinein. „Durch geeignete Maßnahmen zur Verbesserung des Zustandes der Ästuare werden heute in allen drei Flüssen trotz des relativen hohen Aufkommens an Schiffsverkehr wieder regelmäßig Schweinswale gesichtet“, so die Wissenschaftler. (Bericht der Bundesanstalt für Gewässerkunde BfG-2168, 2024; doi: 10.5675/BfG-2168)

Quelle: Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG)

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